Der Smart Citizens Workshop “Mobilität” hat in einer kleinen Runde am 17. Juni im aspernIQ stattgefunden. Im Anschluss an 8 Impuls-Präsentationen, die in die Themen einführten, wurde an zwei Tischen diskutiert. Die Themen waren „(Elektro-)Carsharing” und „Multimodaler Verkehr unterstützt von Apps”. Zum Abschluss wurde gemeinsam überlegt, wie das Smart Citizens Lab dazu beitragen kann, die besprochenen Ideen rund um das Thema “Mobilität” in die Breite zu tragen und mehr smart Citizens zu erreichen.
Impuls-Präsentationen
- Elfride – Verein für nachhaltige Mobilität und Carsharing – Stefan Waschmann
- IBIOLA Mobility Solutions GmbH – Entwickler von carsharing 24/7 – Robert Reithofer
- Wien Energie – Bereich Elektromobilität – Jürgen Halasz
- Forschungsprojekt aspern mobil: stadt bewegt – Martina Jauschneg
- CREATE – Michael Leitner
- ITS Vienna Region – AnachB – Lukas Nebel
- mobito – ÖAMTC – Harald Kalleitner
- CycleCraft – Alexander Wolf (erkrankt und daher ausgefallen)
Diskussionstisch „(Elektro-)Carsharing“
Host und Zusammfassung: Gernot Tscherteu
Am Tisch befanden sich Robert Reithofer von Ibiola, Stefan Waschmann von Elfride, Harald Kalleitner von mobito und Jürgen Halasz von Wien Energie. Antworten auf die unten gestellten Fragen spiegeln auch die spezifischen Hintergründe der Projekte wider – und sind evtl nicht ohne Weiteres auf andere Projekte übertragbar. Es handelt sich im folgenden um keine wörtlichen Zitate sondern um Sätze, welche die Wortmeldungen und die Diskussion lediglich sinngemäß wiedergeben und zusammenfassen sollen.
Wie Motiviere ich andere für neue Formen von Mobilität?
Alle die sich am Tisch befanden, waren sich einig, dass man das Autofahren entweder teurer machen oder die NutzerInnen auf die ohnehin schon hohen Kosten des Autofahrens aufmerksam machen muss. Generell wurde festgehalten, dass besonders bei den Jüngeren ein Wandel eingesetzt hat: Das Auto wird immer weniger als Statussymbol und immer mehr als Mittel zum Zweck gesehen.
Elfride hat in diesem Sinne ein attraktives Angebot – und ein Modell zum Nachahmen – geschaffen, um auf ein eigenes Auto zu verzichten – mit einem einfachen Abrechnungssystem auf Stundenbasis.
Ibiola hat mit carsharing 24/7 ein Angebot geschaffen das gleichermaßen ökonomische wie ökologische Aspekte vereint und gleichtzeit auch zur Gemeinschaftsbildung unter den Nutzern beitragen möchte. Bei Ibiola steht nicht der technische Aspekt im Vordergrund sondern die Bewusstseinsbildung der Öffentlichkeit in Richtung mehr Regionalität und Konsumwandel hin zu mehr Genuss.
Beim privaten Carsharing geht es nicht nur darum ein Mobilitätsbedürfnis zu befriedigen, sondern es hat ein großes nachbarschaftsbildendes Potential.
Welche aktuelle Probleme hat privates Carsharing?
Carsharing ist momentan noch auf die Großstädte beschränkt und kommt auf dem Land nicht recht vom Fleck.
Der Erfolg des Free-Floating Carsharing ( wie car2go oder drivenow) wird ambivalent beurteilt:
Positiv beurteilt wird, dass eine neue Nutzerschicht für die Idee des Carsharing gewonnen wird und der Verzicht auf das eigene Auto unterstützt wird.
Negativ beurteilt wird, dass viele Nutzer aus Bequemlichkeit von den Öffis oder dem Fahrrad auf Carsharing umsteigen.
Als allgemeines Hindernis für das private Carsharing wird gesehen, das es als Modell viel Eigenverantwortung braucht und als System relativ komplex und nicht so einfach vermittelbar ist.
Es wirft viele Detailfragen auf (z.B. Haftung) und braucht ein hohes Maß an Engagement um sie zu für sich zu beantworten.
Welche Rolle spielt die Technologie?
Technik wird als notwendige Voraussetzung für den Betrieb von privaten Carsharingmodellen anerkannt. Man braucht sie für das Öffnen / Schließen des Autos, Abrechnung, Buchung, Fahrtenbücher, Todolisten usw.
Technik ist aber kein Selbstzweck und oft lassen sich Dinge durch einfache Kniffe ohne großen technischen Aufwand auch lösen: Z.B. eine Schlüsselkopie statt eines elektronischen Schließsystems.
Technik sollte immer im Anwendungskontext und den mit ihr verbundenen sozialen Interaktion geplant werden.
Wie sieht die Zukunft des privaten Carsharings aus?
Privates Carsharing hat wesentlich bessere Umsetzungschancen, wenn es als Teil eines größeren Anwendungskontextes gedacht wird: wenn es beispielsweise in den Kontext eines Unternehmens oder eines Wohnbaus eingebettet ist. Bauträger könnten bei einem Wohungsneubau aber auch bei einer bestehenden Wohnhausanlage für ihre Mieter / Nutzer Carsharing-Systeme anbieten, die ein eigenes (Zweit-) Auto ersetzen können.
Auch große Konzerne wie Opel oder VW evaluieren den Markt für privates Carsharing. Für sie wäre es ein Leichtes, Gesamtangebote zu entwickeln, die alle Tools für Buchung, Abrechnung, Öffnen/Schließen zur Verfügung stellen, weil sie Schnittstellen zum Fahrzeugcomputer selbst definieren. Nicht zuletzt hätten sie es in der Hand gruppenorientierte Finanzierungs- und Versicherungsmodelle anzubieten.
Da alle technischen und organisatorischen Fragen gelöst sind, können aber auch kleinere Unternehmen wie Ibiola oder Vereine wie Elfride bereits jetzt auf funktionierende Komplettlösungen verweisen.
Durch geeignete Förderungen und gesetzliche Rahmenbedingungen (z.b. carsharing statt Stellplatzverpflichtung) könnten mehr Bauträger und Unternehmen für Carsharingmodelle gewonnen werden.
Diskussionstisch „Multimodaler Verkehr unterstützt von Apps“
Host und Zusammfassung: Petra Hendrich und Martina Handler
Am Tisch befanden sich Michael Leitner von CREATE und Lukas Nebel von ITS Vienna Region mit AnachB. Antworten auf die unten gestellten Fragen spiegeln auch die spezifischen Hintergründe der Projekte wider – und sind evtl nicht ohne Weiteres auf andere Projekte übertragbar. Es handelt sich im folgenden um keine wörtlichen Zitate sondern um Sätze, welche die Wortmeldungen und die Diskussion lediglich sinngemäß wiedergeben und zusammenfassen sollen.
Wie funktioniert die Kombination von unterschiedlichen Mobilitätsformen am besten?
Besonders die App-Entwickler, die beim Diskussionstisch dabei waren, haben betont, dass eine gute Routenplanungs-App nur unterstützend wirken kann. Bei der Wahl der Mobilitätsform kommt es sehr stark auf die persönliche Haltung an. Eine Veränderung der Wahl des Verkehrsmittels, wird nicht alleine durch eine technische Lösung herbeigeführt.
Besonderes Interesse besteht an der Integration und Nutzbarmachung von geteilten Lastenfahrrädern. In der Seestadt Aspern und in Graz gibt es beispielsweise ein städtisches Lastenrad zum Ausborgen.
Neben dem Sichtbarmachen von unterschiedlichen Verkehrsmitteln in multimodalen Routenplanern, wäre es auch sinnvoll, begleitende Infrastruktur auffindbar zu machen, wie Fahrradwerkstatt, Luftpumpe oder Radbox/Radgarage.
Wie integrieren sich private Mobilitätsanbieter?
Generell wird die Frage gestellt, warum sich diese überhaupt in ein großeres Routenplanungssystem integrieren sollen. Diese sind oft nur auf einen spezifischen KundInnenkreis beschränkt.
Dem entgegengesetzt wurde die Meinung, dass es wichtig ist auch private, kleine Initiativen sichtbarzumachen, damit gezeigt wird, dass man als einzelner oder kleine Gruppe ebenfalls Alternativen schaffen kann und nicht auf den Willen der großen Verkehrsbetriebe oder der Stadt angewiesen ist. Diese bieten oft Dienste abseits des Mainstreams und können speziell in ländlichen Regionen interessante Alternativen bieten.
Um sie in eine App-Entwicklung zu integrieren ist es wichtig, dass die Mobilitätsdaten digital verfügbar sind und eine Schnittstelle hergestellt werden kann. Generell ist es wahrscheinlich technisch kein Problem, diese zu integrieren.
Auf der anderen Seite könnte es ein großer Aufwand sein, mit immer mehr Partnern gemeinsam ein Tool zu entwickeln, daher wäre es generell sinnvoll, wenn sich kleine Initiativen zusammenschließen, damit sie gemeinsam eher in einen Routenplanungsdienst eingebunden werden können. Eventuell könnte auch die Möglichkeit geschaffen werden, sich selbst in ein Tool einzutragen.
Nächstes Jahr wird der Mobilitätsgraph von AnachB zur Verfügung gestellt, damit können kleine Initiativen umgekehrt in ihren Tools diese Daten nutzen.
Welche Bezahlmodelle gibt es, die mit den Routenplanern verknüpft sind?
In der Diskussion zeigt sich, dass die Bezahlmodelle, also Abrechnung von multimodalen Wegen über eine Plattform, derzeit noch schwierig ist, da alle Mobilitätsanbieter eigene Verrechnungssysteme haben, die teilweise sehr kompliziert sind. Es besteht das Problem, dass ich mich möglicherweise am Anfang mehrmals bei den unterschiedlichen Diensten registrieren müsste. Das Problem alle Anbieter unter einen Hut zu bringen, bedeutet einen hohen organisatorischen Aufwand. Ein Lösungsansatz ist mit Guthaben zu arbeiten, das dann an die unterschiedlichen Betreiber ausgezahlt wird.
Eine Idee abseits des herkömmlichen Bezahlens, die auch mit unseren 1. Smart Citizens Workshop in Verbindung steht, wurde entwickelt. Das Bezahlen von städtischen Mobilitätsdiensten könnte auch über ein Tauschkreissystem funktionieren. D.h. wenn ich eine Stunde Hausaufgabenbetreuung leiste, also einen Nachbarschaftsdienst, der im Sinne der Stadt ist, dann kann ich das gegen einen U-Bahn Fahrschein einlösen.
Sonstiges
Eine Mobilitätsapp löst keine privaten organisatorischen Herausforderungen, wie unterschiedliche Möglichkeiten der Mobilität aufgrund von Wegen, die mal mit Kindern, mal mit Einkauf, mal alleine durchgeführt werden. Sie kann jedoch eine Entscheidungshilfe bieten.
Darüberhinaus gibt es Gruppen, die keinen Zugang zu solchen Diensten haben. Diese könnten über Buddy-Systeme hereingeholt werden. Jemand zeigt ihnen die App, hilft bei der Routenplanung und beantwortet Fragen. Zusätzlich gäbe es einen sozialen Effekt.
Dokumentation: Abschlussrunde zur Frage: “Wie tragen wir diese Ideen und Initiativen in die Breite? Was kann das Smart Citizens Lab dazu beitragen?“
Bei der Abschlussrunde haben wir Wortmeldungen und Ideen von allen Anwesenden gesammelt, die hier nun in verkürzter Form zusammengefasst sind.
Die Informationen dieser Runde in die Schulen tragen und dort mit den Kindern von besprechen, wie sie sich in der Stadt bewegen und warum es wichtig ist Alternativen zum Auto zu suchen.
Die Wohnbereiche als Forschungslabors nutzen und die theoretischen Ideen in die Praxis tragen.
Die Gemeinwohl – Ökonomie bietet einen Anknüpfungspunkt an. Sie nimmt die Themen mit zu Veranstaltungen und macht auch politisches Lobbying.
Einen Interessensverband für Carsharing gründen, um folgende Aufgaben zu erfüllen:
- Erarbeiten “Was ist carsharing?” – gehören die free floating Anbieter dazu, Mitfahrgelegenheiten?
- alle Carsharing – Mobilitätsanbieter integrieren, um Ängsten zu begegnen (z.B. der Wirtschaftskammer im Hinblick auf share economy)
- eine Plattform schaffen auf der bestimmte Themen behandelt und gelöst werden können, z.B. rechtliche Fragen, Versicherung, …
- einen Aushandlungsprozess zwischen non-profit und kommerziellen Anbietern führen
- gemeinsame Stellungnahmen verfassen und damit politischen Druck ausüben
- Synergien entdecken